Traditionshandwerke und Geburtsort berühmter Persönlichkeiten – Weit über die sächsischen Landesgrenzen hinaus ist Pulsnitz vor allem als die "Pfefferkuchenstadt" bekannt. Nur hier hat sich, einmalig in ganz Deutschland, dieses hoch spezialisierte Handwerk bis heute seinen Fortbestand bewahrt und wird derzeitig noch von insgesamt acht Handwerksbetrieben ausgeübt. Im Jahre 1558 findet man den ersten, gesicherten Nachweis für dieses Traditionsgebäck, indem den damaligen Bäckern das Recht erteilt wurde nach der sichergestellten Versorgung mit Brot auch Pfefferkuchen backen zu dürfen. In dem Privileg heißt es: "Und soll ein Jeder meister so viell Rockens Pakken, als die gemeine notturft erfordert, deßgleichen Pfefferkuchen."
Einige Zahlen
Pulsnitz liegt im Landkreis Bautzen am westlichen Rande des Oberlausitzer Berg- und Hügellandes, etwa 10km südlich von Kamenz und rund 25km nordöstlich der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Mit seinen Ortsteilen Oberlichtenau, Friedersdorf und Friedersdorfer Siedlung hat Pulsnitz knapp 8.000 Einwohner. Die Stadt liegt in einer Tallage auf 290m Höhe und besitzt durch die Anschlussstellen Pulsnitz und Ohorn eine gute Anbindung an die Autobahn A4 zwischen Dresden und Bautzen. Schon auf der Fahrt nach Pulsnitz begrüßt Sie bereits von weitem unser lachender Pfefferkuchenmann, welcher ein großes Herz mit der Aufschrift "1558" trägt.
Geschichtliches zur Pfefferkuchenstadt
Bereits vor dem Jahre 1200 siedelten sich die ersten Bewohner am Flusse Pulsnitz im Schutze einer Wasserburg an. Der Ortsname ist slawisch, nimmt Bezug auf den Fluss und bedeutet übersetzt "langsames, träges Wasser". 1225 wird der Ort zum ersten Mal urkundlich erwähnt. 1375 wurde Pulsnitz durch König Karl IV von Böhmen, welcher auch deutscher Kaiser war, das Stadtrecht verliehen. 20 Jahre zuvor verlieh er Pulsnitz die Marktgerechtigkeit. Die markantesten und ältesten Gebäude der Stadt sind die Nikolai-Kirche und das alte Rathaus. Die Kirche wurde 1473 erstmals erwähnt das Rathaus mit dem Renaissance-Giebel erhielt 1555 die heutige Form. Mit der Bildung einer Weberinnung nahm die Textilherstellung 1597 ihren Anfang. Der erste Töpfer ließ sich 1652 vor den Mauern der Stadt nieder und ab 1694 war dann auch ein Bandweber ansässig. Die alte Wasserburg entsprach seit dem 16. Jahrhundert nicht mehr den Ansprüchen der Schlossherren. Es entstand ein Renaissance-Schloss und nach 1700 zog die Familie von Maxen in den neuen, barocken Palaisbau ein. In der Zeit um 1800 hatte Pulsnitz nicht ganz 400 Einwohner, 14 Töpfermeister und neun Pfefferküchlermeister repräsentierten jedoch ein starkes Gewerbe in der Kleinstadt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Industrieproduktion mit neuen Textilfabriken, einer Segeltuchherstellung, einer Schnapsbrennerei sowie einer Eisengießerei einen bedeutenden Aufschwung.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts hat die Stadt fast 4.000 Einwohner und neben den Industriebauten verändern kommunale Gebäude das Gesicht des Ortes. So entstand eine der größten Stadtschulen Sachsens, ein Elektrizitätswerk sowie ein Krankenhaus. Die Kaiserliche Post weihte 1912 ihr neues Gebäude ein und seit 1871 existierte der Eisenbahnanschluss. Das große Heimatfest des Jahres 1925 war für die Stadtverordneten Anlass den Fest- und Sitzungssaal einzuweihen. Dieser wurde mit Kunstglasfenstern und Ölgemälden ausgeschmückt. In der Zeit des Dritten Reiches erfolgte eine zeitweilige Errichtung eines Arbeitsdienstlagers sowie 1937 die Inbetriebnahme der Gauschule durch die NSDAP. Das Ende des Zweiten Weltkrieges bringt auch für Pulsnitz den Tod manches Einwohners, Plünderungen und Zerstörungen durch polnische Truppen mit sich.
Nach dem Kriegsende wird Pulsnitz von einer russischen Kommandatur geleitet. Die Befehle der Sowjets erwirken durch eine Bodenreform die Enteignung des Rittergutes und die Abgabe vieler Betriebe für die Fabrikanten. Im Schloss wird 1948 eine Heilstätte geschaffen und der selbständige Ort "Meißner Seite" und die "Vollung" werden der Stadt zugeordnet. Die Einwohnerzahl beträgt damals fast 8.000. Fortan wurde das DDR-typische Genossenschaftsprinzip mit den volkseigenen Betrieben durchgesetzt. Nur die Pfefferküchlerei und die Töpferei konnte ihre Handwerksstruktur erhalten. Das zum Kulturhaus umfunktionierte "Schützenhaus" bildete das Zentrum des geselligen Lebens. In den 1950er Jahren wurde Pulsnitz um zwei Wohngebiete erweitert und es entstand der Stadtpark. Auf sportlichem Gebiet bildeten sich lange Traditionen im Handball und dem Turnen aus. Das Ende der DDR 1990 brachte auch für Pulsnitz mannigfache Veränderungen. Bis heute fanden zahlreiche bauliche Sanierungen, Erweiterungen und mehrfache Investitionen in die Infrastruktur statt. Pulsnitz zeigt sich heute als moderne Kleinstadt.
Traditionelles Handwerk
Neben dem Pfefferküchlerhandwerk haben vor allem die Töpferei und der Blaudruck einen langen geschichtlichen Hintergrund und auch heute noch einen wichtigen Stellenwert für Pulsnitz. So können Sie in der wahrscheinlich ältesten, noch produzierenden Töpferei Sachsens -Töpferei Jürgel- wahre Kunstwerke der Bunzlauer Keramik erwerben. In der Blaudruckwerkstatt Pulsnitz, vermutlich ebenso die älteste, noch arbeitende ihres Faches, werden wunderschöne Bezüge, Decken, Läufer und Schürzen hergestellt. Rückblickend nahmen das textile Gewerbe mit der Bandweberei und Segeltuchherstellung ebenso wichtige wirtschaftliche Bereiche ein.
Berühmte Söhne
Der 1682 in Pulsnitz geborene Bartholomäus Ziegenbalg wurde der Sandbote des evangelischen Christentums im Osten Indiens. Als indischer Sprachforscher und Missionar erkundete er die Lebensweise und die Kultur des
Tamilenvolkes in der Gegend von Madras. Der 1804 ins Leben getretene, später bedeutende Bildhauer, Ernst Rietschel erlebte die Ereignisse der Befreiungskriege gegen die napoleonische Fremdherrschaft in Pulsnitz sowie den Durchmarsch russischer, preußischer und französischer Truppen als Kind mit. Er war ein Schüler von Daniel Christian Rauch und Professor an der Akademie der Künste in Dresden und ein Lehrer-Kollege von Gottfried Semper.
Seine bedeutendsten Werke sind die Braunschweiger Quadriga und das Goethe-Schiller-Denkmal in Leipzig. Seinem Wirken widmet sich der, 1990 gegründete, Ernst-Rietschel-Kulturring e. V. und die Oberschule von Pulsnitz trägt seinen Namen. In das Jahr 1825 fällt die Geburt des dritten, bedeutenden Pulsnitzers, Julius Kühn, welcher sich späterhin einen Namen in der deutschen Landwirtschaftswissenschaft als Professor an der Universität in Halle erwarb. Er gilt bis heute als Reformator und Begründer der eigentlichen Agarlehre in Deutschland.
Pulsnitzer Sehenswürdigkeiten
Das Zentrum des Ortes bildet der völlig rekonstruierte und denkmalgeschützte Marktplatz mit seinem achteckigen Brunnen aus Sandstein, dem Ratskeller sowie dem alten Rathaus. Vor diesem steht das Denkmal des Bildhauers Ernst Rietschel, welches von einem seiner Schüler erschaffen wurde. Auf dem Marktplatz findet auch jährlich der so genannte Pfefferkuchenmarkt statt. Die sehenswerte Stadtkirche St. Nicolai befindet sich westlich vom Marktplatz. Der Ziegenbalgplatz, einst als Obermarkt bezeichnet, zieht die Blicke durch seine giebelseitig zur Straße ausgerichteten Häuser auf sich. Der Julius-Kühn-Platz ist durch den steinernen Brunnen und die Löwenapotheke mit dem vergoldeten Löwen charakterisiert. Der Perfert ist die einzig erhaltene Wehranlage aus der Zeit der Hussiteneinfälle, welcher Anfang des 15. Jahrhunderts als Zufluchtsort und Speicher diente.
Auf dem Polzenberg befindet sich der wahrscheinlich älteste Stadtteil von Pulsnitz mit denkmalgeschützten Häusern aus dem 18. Jahrhundert. Das einst als Wasserburg errichtete Pulsnitzer Schloss wurde mehrmals erweitert und umgebaut, schließt einen wunderschönen Schlosspark mit Gondelteich ein und dient heute als moderne Klink für neurologische Rehabilitation. Gleich am Eingang des parkähnlich angelegten Friedhofes befindet sich das Elterngrab von Ernst Rietschel, welches er selber erschaffen hat. Auf dem Gottesacker befindet sich die Michaeliskirche und direkt gegenüber lädt ein Stadtpark mit seltenen Bäumen zum Verweilen ein. Ebenso findet man in Pulsnitz eine private Sternwarte mit seltener Meteoritensammlung. Vor dem Pulsnitzer Schützenhaus steht eine beachtliche Postsäule, welche einst der Orientierung und Distanzangabe diente. Einen besonderen Reiz erhält die Pfefferkuchenstadt durch seine zahlreichen, denkmalgeschützten Gebäude, einige Fachwerkhäuser, Zunftzeichen, Schlusssteine und Korbbogenportale. Der Besuch des Stadt- und Pfefferkuchenmuseums mit seiner Pfefferkuchen-Schauwerkstatt bringt dem Interessierten Pulsnitz ein ganz großes Stück näher. Den kulturellen Bereich rundet der Ernst-Rietschel-Kulturring e. V. mit seinem Wirken in der Stadt ab. Die Ostsächsische Kunsthalle lädt zudem zu zahlreichen Ausstellungen ein.
Pulsnitz heute
Die Pfefferkuchenstadt präsentiert sich heute als eine sehr lebens- und liebenswerte Kleinstadt, welche von viel Natur und Naherholungsgebieten umgeben, verkehrstechnisch günstig angebunden zwischen Dresden, Kamenz und Bautzen eingebettet liegt. Dabei ist Pulsnitz mit seinen beiden Spezialkliniken Gesundheitsstandort und wird zudem durch das zahlreich ansässige Traditionshandwerk und den weit gefächerten, kulturellen Bereich geprägt. Ebenso kann Pulsnitz weiterhin mit der Ernst-Rietschel-Grund- und Oberschule als Schulstandort sowie mit fünf Kindertagesstätten punkten. Neben den ausreichend vorhandenen, klassischen Einkaufsmöglichkeiten findet man ebenso Spezialgeschäfte, wie z. B. ein Reformhaus, einen Brautausstatter oder eine Buchbinderei. Sehr zahlreich laden die unterschiedlichsten Sportvereine der Stadt zu einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung ein. Gastronomisch beherbergt Pulsnitz 15 Gaststätten und mehrere Imbisse. Hotels, Pensionen und private Quartiere laden die Gäste der Pfefferkuchenstadt zum Übernachten, längerem Verweilen und Erkunden der ebenso sehenswerten, näheren und weiteren Umgebung ein.